Du bist aber empfindlich!

„Sei nicht so empfindlich!“

„Du bist aber empfindlich!“

„Dann musst Du Dich mal abhärten!“

 

Wenn ich mal den Versuch mache, Menschen in meiner Umgebung mitzuteilen, dass ich lärmempfindlicher bin als sie und sie dann darum bitte, darauf Rücksicht zu nehmen, erhalte ich oben genannte Antworten. Besonders absurd ist es, wenn das genau die Leute sagen, die bei dem Lärm, den sie verursachen, selbst zusammenschrecken würden, wenn sie das Geräusch nicht selbst verursachen oder „kommen hören“ würden.

 

Gehen wir aber davon aus, dass es eine Art von Lärm/Lautstärke ist, die sie nicht stört, aber mich immens. Tagein tagaus gehe ich in die NT-Welt, ich ertrage ihr Gerede, ihren Small-Talk, ihr soziales und auch physisches Nähebedürfnis (alle weiteren Aufzählungen wären je nach Person anders intensiv, also belasse ich es dabei, was ich definitiv täglich erlebe.

Es ist anscheinend nicht möglich, zu verdeutlichen, wie sich das Durcheinander-Reden mehrerer Leute für mich anhört:

 

1.       Gesetzt den Fall, jemand will mir in dem Moment, in dem mehrere Leute durcheinander reden,
etwas sagen, muss ich mich massiv anstrengen, um überhaupt noch etwas von dem, was man mir sagen will, zu verstehen – meistens ist das nicht möglich.
2.       Es hört sich an wie Rauschen.

 

Meistens sage ich dann: „Ich verstehe gerade gar nichts. Lass uns das bitte woanders besprechen.“ Das ist dann okay.

Sage ich aber so etwas: „Könntest Du bitte etwas leiser sein“ oder „Könntest Du das bitte nicht in der Lautstärke machen, ich bin sehr lärmempfindlich“, höre ich das oben genannte.

 

Ich versuche hin und wieder, Menschen, die nicht „so empfindlich“ sind wie ich, aufzuzeigen, wie ich wahrnehme. Es gibt Momente, in denen andere zu mir sagen: „Boah … die/der redet aber viel! Das ist ja unerträglich!“ Ich versuche dann zu vermitteln, dass für mich der Zustand, den die Person gerade erlebt hat, Normalität ist. Das ich das jeden Tag empfinde. Manchmal verstehen es die Leute, oft nicht.

 

Ich möchte den „Du bist aber empfindlich!“-Sprechern mitteilen:

 

„Wisst ihr was? Und das ist auch gut so! Denn wäre ich nicht so empfindlich, dann würde ich mich wie ihr derart beschallen, dass ich gar nicht mehr zur Ruhe käme. Denn wäre ich es nicht, dann wäre ich unempfindlich und abgestumpft. Denn wäre ich es nicht, dann gäbe es gar keine Möglichkeit, Kleinigkeiten wahrzunehmen, dann würde ich nicht richtig hören und nicht richtig sehen. Denn wäre ich es nicht, dann wäre ich wir ihr! Dann würde ich anderen Leuten sagen, sie sollten sich doch mal abhärten! Dann würde ich ihnen sagen, dass sie nicht in Ordnung sind; dass sie nicht richtig sind; dass sie falsch sind; dass sie nicht hinein passen in eine Welt der Unempfindlichen!“

 

Und zu denen, die meinen, man gewöhne sich an alles:

 

„Das ist nicht korrekt! Das ist dummes Geschwätz! Wir können ja mal den Versuch starten: Immer wieder, wenn mir danach ist, gebe ich Dir eine Ohrfeige. Wir können dann mal schauen, wie lange es dauert, bis Du Dich daran gewöhnst.“

 

Und ich meine „gewöhnen!“, nicht ertragen, nicht versteinern, sondern gewöhnen, wie man sich an einen neuen Bettbezug gewöhnen kann.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0