Verhalten - Gesprächsthemen

Vorab: Mich interessiert das Verhalten anderer Menschen, deshalb thematisiere ich das hier. Ich bin mit diesem Text, den ich geschrieben habe, nicht hundertprozentig zufrieden. Um dieses Bedürfnis nach Perfektion zu durchbrechen, veröffentliche ich den Text trotzdem.

 

Also los:

 

Wenn ich selbst recht zufrieden und in einem guten Kontakt mit mir bin, dann verwende ich Energie dafür, mein Umfeld zu betrachten und zu analysieren. Das Thema „Smalltalk“ habe ich hier schon zuhauf angesprochen, aber noch nicht so detailliert, wie ich es jetzt wahrnehme. Es gibt zig Verhaltensweisen, die mir fremd sind und die ich hinterfrage. In diesem Text geht es um „Gesprächsthemen“:

 

Fallbeispiel Nummer 1:

 

Ich kenne eine Person, die ein interessantes und für mich sehr oft anstrengendes Verhalten an den Tag legt, welches ich noch nicht hinreichend verstehe. Warum verhält sich diese Person so?, frage ich mich dann.

Innerhalb weniger Minuten bringt sie zahlreiche unterschiedliche Gesprächsthemen an. Ich werde einen Anteil daran haben, weshalb sich die Person mir gegenüber so verhält. Die „Dialoge“ hören sich dann so an:

 

Person: „Das Wetter ist ja heute auch gut.“

Ich: „Mhm.“

Person: „Gestern waren wir ja auf der Geburtstagsfeier von x.“

Ich: „Ja. Hat es Dir gefallen?“

Person: „Ja. Wir sind nicht lange geblieben.“

Ich: Schweigen.

Person: „X und Y haben sich ja verlobt.“

Ich: „Mhm.“

Person: „Morgen soll es wieder schlechter werden.“

Ich: „Was genau?“

Person: „Das Wetter.“

Ich: „Achso.“

 

Beispiel Ende.

 

Ich merke gerade selber, dass ich der Antwort, weshalb diese Dialoge so geführt werden, näher komme: Anscheinend möchte die Person Kontakt zu mir aufnehmen, weiß aber nicht mit welchem Thema. Deshalb geht sie unterschiedliche Themen in schneller Folge durch.

Mich interessieren Unterredungen überhaupt nicht, die mit dem Austausch von Neuigkeiten über andere Leute zu tun haben. Da beißt man bei mir auf Granit. Ob x oder y verlobt ist, ob jemand ein neues Auto hat, nach Spanien geflogen ist oder sonst was – all das interessiert mich nicht. Wie es meinem Gesprächspartner dabei geht oder warum mein Gesprächspartner das thematisiert, interessiert mich, denn das berührt sein Gefühlsleben. Manchmal versuche ich, diese Unterredung dorthin zu führen. Dann hört sich das so an (gleicher Gesprächspartner):

 

Person: „Ich wusste gar nicht, dass die sich verlobt haben.“

Ich: „Hättest Du das gerne eher gewusst?“

Person: „Na ja … eigentlich ist das auch egal. Aber irgendwie ist es komisch.“

Ich: „Was ist komisch?“

Person: „Dass man das als letzter erfährt.“

Ich: „Ist das ein Problem für Dich?“

Person: „Nein! Ein Problem ist das nicht.“

Usw.

 

Solche Unterredungen sind schwierig für mich, denn ich weiß, dass die Person ein Problem damit hat, dass sie irgendetwas nicht erfahren hat, aber gleichzeitig leugnet sie das. Für mich ist das ein Indiz dafür, dass es hier um eine „alte Sache“ geht. Es geht nicht um die aktuelle Situation, sondern um etwas, was die Person bereits seit langer Zeit kennt – z.B.: Sie wird nicht informiert; sie fühlt sich ausgeschlossen usw. Aber dies begreiflich zu machen, ist für mich unmöglich, wenn ich mit zwei Personen in dem Gesprächspartner rede: Eine Person, die es leugnet, und eine Person, die sich ärgert. Und selbst wenn ich mal länger mit der Person spreche, die sich ärgert und die empfänglich dafür ist, dass es womöglich gar nicht um die Jetztsituation geht, kann ich ziemlich sicher sein, dass diese Überlegung nichts bewirkt und in kommenden Momenten das Spiel von vorne beginnt.

 

Ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehen möchte oder ob ich überhaupt weiterhin damit umgehen will.

 

Fallbeispiel Nummer 2:

 

Ich habe es oben bereits angedeutet: Das permanente Reden über Ereignisse, die andere Menschen betreffen (die nicht zugegen sind). Letztens war ich im Wald spazieren und setzte mich auf eine Bank. Zwei laut vor sich hinsprechende ältere Damen kamen vorbei und ich hörte (zwangsweise) diesen kurzen Dialogausschnitt:

 

Dame 1: „Die hat sich scheiden lassen und hat jemanden im Internet kennen gelernt. Dann ist sie nach Bayern gezogen.“

Dame 2: „Und jetzt ist sie wieder hier?“

Dame 1: „Nein, nein. Die lebt immer noch in Bayern.“

 

Wenn ich sowas höre, dann habe ich zig Fragezeichen im Kopf:

Warum sprechen zwei Menschen über solch ein Thema?

Was nützt es ihnen, das zu besprechen?

Ist ihr Leben derart langweilig, dass sie die Ereignisse im Leben anderer Menschen besprechen müssen?

Was würde passieren, wenn sie besprechen würden, was in ihnen gerade vorgeht?

Was würde passieren, wenn sie gar nicht sprechen würden?

 

Ich weiß es nicht. Ich bin auch ziemlich sicher, dass ich keine schlüssige Antwort erhalten würde, wenn ich nachfragen würde.

 

 

Fallbeispiel Nummer 3:

 

Ständige Kritik.

 

Egal um was es geht: Jemand lässt sich scheiden, jemand hat Schulden, jemand ist arbeitslos etc. Die Personen werden kritisiert. Ein Ungleichgewicht wird hergestellt zwischen der Person, die kritisiert und der Person, die sich z.B. scheiden lässt. In der Transaktionsanalyse würde man sagen: Die Person, die kritisiert, vermittelt, dass sie okay ist, und zeigt mit ihrer Kritik an der anderen Person, dass diese nicht okay ist.

 

Wir leben alle (die einen mehr, die anderen weniger) in einem Muster. Es gibt Situationen, in die jeder von uns immer mal wieder „gerät“ – oder anders, damit die Selbstverantwortlichkeit klar wird: Jeder von uns inszeniert sein Muster. Z.B. gibt es Menschen, deren Beziehungen immer scheitern – meistens auch aus ähnlichen Gründen. Das ist ein Muster, welches inszeniert wird. Von beiden Parteien.

Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage: Diese Muster sind durchbrechbar. Aber erst, wenn man verstanden hat, was sie zeigen, welche frühen Verletzungen sie thematisieren, und wenn man dann diese frühen Verletzungen gefühlt hat. (Nicht dass das falsch verstanden wird: In meinem Leben gibt es noch zig bewusste und unbewusste Muster. Und wahrscheinlich wird es immer Muster geben, die sich erst nach und nach zeigen.)

 

Mir ist auch in solchen Situationen noch nicht hinreichend klar, weshalb alles Mögliche kritisiert wird.

Spricht der Kritiker vielleicht nur nach, was er selbst als Kind von seinen Eltern gehört hat?

Kritisiert er, um für sich zu erleben, dass er in Ordnung ist und der andere nicht?

Kritisiert er, weil er sich eigentlich selbst nicht okay findet und nun eine Chance sieht, das umzukehren?

Kritisiert er etwas, was er selbst gerne hätte/möchte? (Scheidung z.B.)

 

Wenn ich jemanden ähnlich kritisiere, dann liegt das daran, dass es mir zum Beispiel nicht gut geht oder dass ich irgendein Bedürfnis in mir nicht wahrgenommen habe, und ich dieser Unzufriedenheit (versteckt) Ausdruck verleihen will. Ähnlich wird es teilweise bei anderen auch sein.

 

Aber grundsätzlich ist es so:

Auch hier komme ich bis jetzt nicht an den Kern der Sache, weil mein Gesprächspartner sich dann abschottet. Manchmal versuche ich, herauszufinden, weshalb Kritik geübt wird, aber dann zieht mein Gesprächspartner eine Mauer um sich und der Teil, der Kritik geübt hat, hat sich verabschiedet.

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